Gutsanlage

Das Gut Wahlstorf zählt aufgrund seiner topographischen Situation und seines baugeschichtlich außerordentlich wertvollen Gebäudebestandes zu den herausragendsten Gesamtanlagen eines landwirtschaftlichen Betriebes in Schleswig-Holstein. In einer landschaftlich höchst reizvollen Situation vor dem Panorama des Lanker Sees liegt der von der Schwentine und Wassergräben umschlossene Hofplatz, auf den eine zum See hin leicht abfallende, von Gebäuden gesäumte Lindenallee führt. Die Gutshofanlage gewährt für jeden interessierten Besucher ein hohes Maß an natürlicher Öffentlichkeit.

1224 wird „Walestorp“ urkundlich das erste Mal erwähnt, 50 Jahre später der adelige Ritter Johannes de Walestorpe. Gefundene Pfahlreste im Lanker See deuten darauf hin, dass eine erste mittelalterliche Burg Lanke im See gestanden hat bzw. heute von ihm bedeckt wird. Im 15. Jh. wohnt Lüder Rumohr auf Lanke. 1469 verkauft er den Besitz Wahlstorf an Detlev von Thienen, der einem altholsteinischen Adelsgeschlecht (sog. Originarii) entstammt. Ab 1469 errichtet das heutige Herrenhaus, ursprünglich als wehrhafte Wasserburg. Die Burg Wahlstorf wurde als Ritterburg auf einer von zwei Schwentinearmen umflossenen Insel zu einem ständigen Wohnsitz um- und ausgebaut. In der ersten Hälfte des 16. Jh. entsteht der spätmittelalterliche landwirtschaftliche Großbetrieb und der bis heute erhaltene Gutshof.

Nach über 300 Jahren im Besitz der Familie von Thienen, den Erbauern der Gutsanlage, ging das Gut Wahlstorf 1788 durch Heirat und anschließend im Erbgang an die Familie von Scheel-Plessen. Hauptsitz der Familie von Plessen wurde das Gut Sierhagen, wodurch Wahlstorf einige Zeit unbewohnt blieb oder verpachtet wurde. 1938 übernahm der Forschungsreisende, Ornithologe, Maler und Autor Victor Baron von Plessen (1900-1980) das ihm 1928 vererbte Gut Wahlstorf.

Er war ein Botschafter zwischen den Kulturen. Nach dem Studium der Ornithologie und Ausbildung zum Tierpräparator in Berlin, brach er 1924-1938 im Auftrag von Prof. Erwin Stresemann für das Zoologisches Museum Berlin (heute Berliner Museums für Naturkunde) zu umfangreichen Expeditionen in den Malaiischen Archipel auf. Dabei lernte er die malaiische Sprache, die Menschen und ihre Lebensbedingungen so gut kennen, dass er als Expeditionsleiter und Koproduzent mit dem jüdischen Regisseur Friedrich Dalsheim (1895-1936) die international erfolgreichen ethnographischen Dokumentarfilme mit Spielfilmhandlung Die Insel der Dämonen (1933) und Die Kopfjäger von Borneo (1936) realisierte, die zu Meilensteinen des ethnographischen Kinos zählen. Bis heute bezeugt im Herrenhaus Wahlstorf seine ethnographische Sammlung aus Indonesien sein vielseitiges Leben im engen kulturellen Austausch.

1997 überführte seine älteste Tochter, Dr. Victoria von Plessen (1937-2020) die Gutsanlage inklusive des Inventars und der Sammlung indonesischer und chinesischer Kulturgüter in die Plessen-Stiftung Wahlstorf, deren Stiftungszweck ganz wesentlich die Pflege und Erhaltung der denkmalgeschützten Gutshofanlage ist. Die Plessen-Stiftung Wahlstorf ist eine gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts.


Herrenhaus

Das ab 1469 ursprünglich als Burg erbaute Herrenhaus ist ein seltenes und bis heute im Kern unverändertes Beispiel des spätmittelalterlichen Doppelhauses, eine Weiterentwicklung des mittelalterlichen burgähnlichen Einzelhauses, dessen Vorbilder wohl bereits im 13. Jh. in Frankreich (feste Häuser = Manoir) zu finden sind. Man setzte dem ursprünglich quergestellten Einzelhaus mit dem in der Mitte vorgelagertem Turm noch ein zweites Haus an den Längsseiten aneinander, so dass nur eine starke Brandmauer statt der zwei Außenmauern auszuführen war. Das Haus hatte damit weniger Außenflächen, war leichter zu beheizen und zu verteidigen und ließ sich kostengünstiger ausbauen. Das zweigeschossige Einzelhaus in Wahlstorf (Hofseite) enthielt ursprünglich im Erdgeschoss einen einzigen großen Rittersaal mit einer schweren bemalten Eichenbalkendecke und einem Kamin. Im Keller darunter befindet sich die Küche mit einem Tonnengewölbe, über dem Rittersaal ein weiterer Saal, vermutlich der Schlafsaal. Im vorgelagerten Treppenturm war der Eingang in 2m Höhe nur über eine einholbare Leiter zu erreichen. Eine Wendeltreppe im Treppenturm verband den Rittersaal mit dem Obergeschoss. Der erste Umbau bzw. Anbau des Herrenhauses zum Doppelhaus erfolgte Ende des 16. Jh. Der hintere Anbau war etwas schmaler mit jeweils drei Zimmern im Erd- und im Obergeschoss und einer Vergrößerung der Küche mit einem Kreuzgewölbe. An der Rückfront wurden außen zwei Abort-Erker angebaut. Links neben dem Treppenturm kam ein Vorbau und der Eingang wurde nach vorne auf Geländehöhe verlegt. Um 1704 wurde das Herrenhaus im Inneren weitgehend umgestaltet, barocke Stuckdecken wurden eingebaut und der Treppenturm zum pilastergerahmten frühbarocken Hauptportal und im inneren wurde zur Verbindung der Halle mit dem Obergeschoss eine massive Eichentreppe eingebaut. Unter der neuen Stuckdecke im großen Rittersaal ist die spätgotisch bemalte Eichendecke heute noch teilweise vorhanden. Die Stuckdecke ist dekoriert mit Akanthusmotiven, in der rechten Hälfte original erhaltenen Eckkartuschen und einem illusionistischen Mittelgemälde. Die Tatsache, dass der größte Teil der meist ab Mitte des 16. Jh. errichteten Doppelhäuser in Schleswig-Holstein entweder abgebrochen, stark verändert oder weitgehend umgebaut ist, macht das Herrenhaus auf Gut Wahlstorf zu einem einzigartigen Baudenkmal.

Weizenscheune1584 läßt der Bauherr Claus von Thienen einen mächtigen Scheunenbau (46m lang, 22m breit) mit an den Längsseiten tief herabhängenden Reetdächern errichten. Diese Weizenscheune ist bis heute eine der ältesten und grössten Fachwerk-Scheun…

Weizenscheune

1584 lässt der Bauherr Claus von Thienen einen mächtigen Scheunenbau (46m lang, 22m breit) errichten. Der noch vollständig mit Reet gedeckte Bau gehört zu den größten und ältesten erhaltenen Fachwerkbauten Schleswig-Holsteins. Es ist ein stufenförmiger, fünfschiffiger Aufbau mit tief herabhängenden Reetdächern. 1695 wurde an den Süd-Ostgiebel ein schmalerer Anbau mit zwei großen rundbogigen, verzierten Einfahrtstoren angebaut: die Schauseite der Scheune. In diese Einfahrtstore aus massiven Eichenbalken wurden die Inschriften und Wappenschilde der Familie von Thienen geschnitzt. Der Nordgiebel wurde im 19. Jh. neu aufgemauert, dabei gingen vermutlich die alten Inschriften von 1584 verloren. Die Fassade wurde in großen Teilen aus einem massiven Ziermauerwerk mit historisch gestalteten Nischen und Gesimsen errichtet. Seine beiden Tore werden portalartig hervorgehoben. In die längsseitigen niedrigen Außenwände wurden nach 1950 jeweils zwei große Quereinfahrten und im Innenraum eine Trocknung eingebaut.

Dem mächtigen Äußeren entspricht ein gewaltiger Innenraum. Auf gestampften Lehmboden befindet sich in der Mitte ein hoher Zweiständerbau, daneben jeweils eine niedrigere Nebenständerreihe, von der zwei Abseiten zur noch niedrigeren Außenwand reichen. Vom Erdboden bis zum First unterteilt keine Decke den gewaltigen Innenraum. Das breite Grundfach in der Mitte diente als Stapelraum für das Getreide und für den Drusch, die etwas schmaleren Längsdielen daneben zur Durchfahrt der Erntewagen. Locker auf die Einzugsbalken gelegte Stangen ermöglichten auch die Höhe und den Raum über den Längsdielen zur Getreidestapelung auszunützen. Die niedrigen Abseiten entlang den Durchfahrtsdielen dienten als Abstell- oder Geräteraum. Trotz einiger Umbauten ist der ursprüngliche Zustand der Scheune weitgehend bewahrt. Ab Ende der 70er Jahre wurde die Scheune aufgrund mangelnder Kapazitäten nicht mehr für die Getreideaufbereitung oder Lagerung genutzt.

JungviehstallDer  Jungviehstall ist eine reetgedeckte eingeschossige Gulfscheune aus dem 18. Jahrhundert mit einer längsseitigen Durchfahrt für Stroh- und Heuanlieferungen. Diese Art der Konstruktion stammt ursprünglich aus der friesischen Baukultur…

Jungviehstall

Der Jungviehstall ist eine reetgedeckte eingeschossige Gulfscheune aus dem 18. Jahrhundert mit einer längsseitigen Durchfahrt für Stroh- und Heuanlieferungen. Diese Art der Konstruktion stammt ursprünglich aus der friesischen Baukultur. Sie ruht auf einem Feldsteinsockel mit Krüppelwalmdach. Gussfenster, sog. Ochsenaugen zieren die Fassade Nordost sowie drei mit Schleppdach versehene Tore.

Alter Speicher

Der Alte Kornspeicher ist ein um 1650-1700 erbauter reetgedeckter Fachwerkbau mit außergewöhnlich hohen Seitenwänden und einem Obergeschoß auf Bretterlage. Er entspricht in seinen Ausmaßen dem spätbarocken Reithaus der Schlossanlage in Plön und wurde zwischenzeitlich auch als solches genutzt. Im 19. Jahrhundert wurde der Kornspeicher mit eioner weiteren Zwischendecke und Flaschenzug versehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente der Alte Speicher auch als Dorfschule.

PferdestallUm 1840 erbaut weist der Pferdestall ein massives Mauerwerk auf wobei es sich im Kern um einen überbauten Fachwerkbau handelt. Mit der einliegenden Kutscherwohnung und dem früheren Waschhaus ist der Pferdestall unter einem Ziegeldach verb…

Pferdestall

Um 1840 erbaut weist der Pferdestall ein massives Mauerwerk auf wobei es sich im Kern um einen überbauten Fachwerkbau handelt. Mit der einliegenden Kutscherwohnung und dem früheren Waschhaus ist der Pferdestall unter einem Ziegeldach verbunden. Das Waschhaus bzw. die Kutscherwohnung enthielt 1878 in einem Dokument als “Nachweis für Gebäudesteuer” 4 beheizbare Stuben, 2 nicht beheizbare Kammern, 1 Küche sowie Lagerraum für Brennstoffe. Der Pferdestall enthielt schmale Ständerboxen für 40 eingestellte Baupferde (Schleswiger) sowie 4 Boxen für Kutsch- bzw. Reitpferde, 3 nicht beheizbare Kammern (Geschirr- und Sattelkammern) sowie Lagerraum für Futtermittel. Der Stall wird heute noch als solcher genutzt.